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Le Charme de la Sarre: Die Chance Tourismus nutzen

Im Blickpunkt
Von Dr. Heino Klingen

07.10.2019

Das Saarland steht vor harten Zeiten – konjunkturell und strukturell. Der Brexit und die Dauerfehde USA versus China dämpfen schon seit einiger Zeit die Konjunktur im Saarland. Das dürften sie auch weiterhin tun. Jetzt kommen mit der zunehmenden Digitalisierung, dem verstärkten Kampf gegen den Klimawandel und den bevorstehenden Umbrüchen im Fahrzeugbau neue Unsicherheiten hinzu. Deren Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum in unserem Land lassen sich derzeit nur schwer abschätzen. Bei allem Optimismus, der gerade in diesen Zeiten Pflicht ist, sollten wir uns aber keinen Illusionen hingeben und deshalb das Land auf schwierige Zeiten vorbereiten. Es ist an der Zeit, sich ehrlich zu machen.

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, jene Branchen noch näher in den Fokus zu nehmen, die Aufwärtspotenzial haben und im Bannkreis eigener Steuerungsmöglichkeiten liegen. Das gilt etwa für den Tourismus, der sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor im Land entwickelt hat.

Tourismus – Branche mit Auftrieb

Heute beschäftigt die Branche 33.000 Mitarbeiter, die mit rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz einen beachtlichen Beitrag zum saarländischen Sozialprodukt erwirtschaften. Die Zahl der Übernachtungen stieg in den vergangenen sechs Jahren um fast 40 Prozent und erreichte in 2018 mit über 3,1 Millionen einen neuen Höchststand. Davon profitieren nicht zuletzt auch die öffentlichen Haushalte im Land, denen rund 100 Millionen Euro aus tourismusbezogener Einkommen- und Mehrwertsteuer zufließen. Rückenwind bekam der Tourismus insbesondere durch gelungene Einzelprojekte wie dem Center Parc am Bostalsee oder dem Baumwipfelpfad an der Saarschleife. Weitere Leuchttürme dieser Art und Größenordnung sind derzeit zwar nicht in Planung. Dennoch ist die in der Tourismusstrategie 2025 avisierte Zielvorgabe von 3,3 Millionen Übernachtungen durchaus realistisch.

Unter anderem weil das Saarland über viele historische und kulturelle Sehenswürdigkeiten verfügt. Das Vorhandene muss allerdings entsprechend in Szene gesetzt werden. Nicht alle Städte und Kommunen in unserem Land können hier mit Attraktivität punkten. Beispiel Saarbrücken: In der Landeshauptstadt ist zwar schon viel geschehen. So wurden etwa die Bahnhof- und Futterstraße modernisiert sowie die Berliner Promenade deutlich aufgewertet. Doch es besteht noch Luft nach oben.

Ein Zukunftsprojekt mit hohem touristischem Potenzial ist die städtebauliche Vernetzung von St. Johann und Alt-Saarbrücken. Kern dieses Projektes ist die Modernisierung und Erweiterung der Congresshalle zu einem Messe-, Kongress- und Kulturforum. Die vorliegenden Pläne, die auch eine zusätzliche Eventlocation vorsehen, sollten jetzt rasch auf den Weg gebracht werden. Eine neue Grundsatzdiskussion über alternative Standorte würde nur zu erheblichen Zeitverzögerungen führen und setzte die in Aussicht stehende Zuschusszusage des Bundes über 50 Millionen Euro aufs Spiel.

Städtereisen und Kurztrips im Trend

Aber nicht nur die Landeshauptstadt, auch die anderen Kommunen sollten ihr touristisches Potenzial schärfen und ihr Angebot für Städte- und Kurzreisen stärker herausstellen. Ganz aktuell ist etwa Tholey gefordert, das mit seiner frühgotischen Abtei vom kommenden Sommer an Weltkunst vom Feinsten zu bieten hat. Die von Gerhard Richter, dem derzeit wohl bedeutendsten deutschen Künstler, entworfenen Chorfenster dürften der Abtei und der Gemeinde einen massiven Gästezuwachs bescheren. Davon werden Handel und Gastronomie aber nur profitieren, wenn das Umfeld stimmt und die Gemeinde zum Verweilen einlädt. Dazu bedarf es einer dem Besucherandrang gewachsenen öffentlichen Infrastruktur und gastronomischer Angebote, die den Geschmack der Kunst- und Pilgerszene treffen. In Kombination mit den inzwischen getätigten Investitionen rund um den Schaumberg könnte Tholey dann in der Tat das „touristische Fünf-Sterne-Ziel“ werden, das die Saarbrücker Zeitung in den Fenstern von Gerhard Richter sieht.

Eine Schlüsselrolle für die positive Entwicklung des Saar-Tourismus spielt das Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Das Saarland kann sich glücklich schätzen, eine solche Attraktion zu haben. Denn allein der UNESCO-Titel „Weltkulturerbe“ garantiert internationale Aufmerksamkeit. Diese gilt es mit neuen Reiseanlässen noch stärker zu nutzen. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass die derzeit vakante Chefposition rasch wieder besetzt wird – am besten mit einer Persönlichkeit, die kulturellen Anspruch mit Massentauglichkeit zu verbinden weiß. Soll die Hütte auch weiterhin ihrer zentralen Funktion als Besuchermagnet des Saarlandes gerecht werden, darf es hier zu keinem Strömungsabriss kommen.

Gut im Markt liegt das Saarland mit seinen Themen. Wandern und Radfahren, Kulinarik und Kultur, Naturerlebnis und Wellness dürften auch künftig die vorrangigen Reisemotive bleiben. Nachholbedarf besteht aber noch beim Thema Städtereisen. Die Kommunen sollten sich hierfür besser positionieren – vor allem durch attraktivere Ortsbilder. Das wären lohnende Zukunftsinvestitionen. Denn regionales und nationales Reisen wird nicht zuletzt aus Klimaschutzgründen perspektivisch immer schicker. Ganz wichtig ist aber auch, dass die Branche selbst noch stärker auf Qualität und Service setzt, um dem gestiegenen Anspruchsniveau der Kunden gerecht zu werden. Dies alles vorausgesetzt, bestehen gute Chancen, dass das Saarland touristisch weiter wächst und den Verlust an Arbeitsplätzen in der Industrie zumindest ein stückweit auffangen kann.